Sonntag, 29. März 2015

one man's trash

Während wir noch träumten, schritt unser Leben voran. Wir schlossen die Augen, träumten von der Kreativität, der Freiheit und vom Glück. Mit dem Ziel, die Träume zu verwirklichen, wanderten wir mit teils leeren, teils gut gefüllten Rucksäcken in die Erwachsenenwelt. "Erwachsenenwelt", so kann sie eigentlich nur ein Kind nennen.




Mit jeder Miete, die zu zahlen war;
jedem Kilometer, der zurückgelegt wurde,
jedem Kompromiss, den man einging,
jeder Träne, die man in der Arbeit runterschluckte,
jedem Wert, den man für Geld verkaufte,
mit jedem Tag seit dem Tag, an dem ich bei dieser Firma angefangen habe,
verlor ich alles aus den Augen.
Ich robotierte, wie ich dachte, dass es sich gehörte.


Ich beginne langsam, meine Augen wieder aufzumachen und finde mich nicht mehr zurecht.


Ich wohne in einer nahezu perfekten Wohnung und führe die nahezu perfekte Beziehung mit der nahezu perfekten Frau. Warum nur nahezu? Weil ganz perfekt gar nicht geht und ich es gar nicht wollen würde.
 Ich fülle Blumen in Blumentöpfe, weil ich weiß, dass es sich so gehört. Ich stelle Schränke auf, weil ich weiß, dass sie dorthin gehören und fühle eine kurze Befriedigung, dass "dieses Ding" dann auch geschafft wäre. Erwachsenenleben, oder so ähnlich.

Heute musste man MIR sagen, dass ich doch gerne singe.
Oder, dass ich früher gut darin war, für Menschen da zu sein. Glücks-Coach zu sein.

Heute habe ich Zweifel daran, überhaupt mal zu meinem Glück zurück zu finden.
Zu finden, wovon ich früher geträumt habe. Meine Stimme halte ich inzwischen für Mittelmaß. Geschrieben habe ich Jahre nichts mehr Greifbares.

Heute geht es darum, sich bis zum Wochenende durchzuhangeln in einem furchtaren Job und ab und an so lange an mir zu rütteln, bis mir ein paar Erinnerungen kommen, dass ich ja eigentlich auch noch bin. Ich weiß längst, dass mir diese Arbeit mein Ich saugt, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.
Zum Raus-Stolzieren reiche ich nicht mehr, zum Raus-Gehen fehlt mir das Ziel. Wohin dann? Sie waren die Einzigen, die mich wollten, das zu kriegen, war schwer genug; obwohl ich es nie wollte. Wohin also jetzt? Vor allem jetzt, wo die 82m² gefüllt sind, die Konten errichtet, die Zelte in Österreich abgebrochen?

Denkt nicht, alles, was mich halten würde, wäre sie. Das stimmt nicht. Ich bin gerne hier.

Aber grausam, schmerzhaft, schlimm fühlt es sich an, zu sagen: Ich weiß ja gar nicht mehr, wohin, wenn ich aus dem Joballtag hier raus will. Ich will einen neuen Job, aber habe nicht die geringste Ahnung, welchen. Und zweifle, noch vor der Suche, daran, ihn zu kriegen.


Unfassbar, was 9 Monate Erwachsenenwelt mit mir angestellt habe.
Muss das so aussehen?!